Noch mehr Bäume auf unseren Äckern

Anstatt Kartoffeln zu pflanzen, pflanzen wir lieber Bäume... Klingt seltsam, aber fühlt sich gut an!

Fast auf den Tag genau vier Jahre nach unserer ersten Pflanzaktion haben wir am letzten Samstag, 18.04.2020, wieder viele viele Bäume gepflanzt: 4000 Pappel- und Weidenstecklinge sollen nach dem Prinzip der Agroforstsysteme unsere Äcker vor Wind und Sonne schützen, beim Bodenaufbau helfen, Verdunstung und Erosion verringern und CO2 aus der Atmosphäre in der oberirdischen Biomasse und im Boden binden. Auch für unsere mobilen Hühner gibt es noch mehr Bäume auf den vier Hektar Fläche, die wir über den Winter schon für die Erweiterung des Hühnerwaldes eingezäunt hatten.

Wir sind stolz auf das, was wir am Samstag geschafft haben - und als nächstes sind dann aber die Kartoffeln dran!


Wir danken unseren Helferinnen und Helfern, ganz besonders der Familie Tschorn, die uns mit einer großzügigen Baumspende unterstützt hat!

Agroforstsysteme als Teil unserer Landwirtschaft

Wir verstehen Gehölze am Ackerrand und auch direkt auf Ackerflächen als einen wesentlichen und ausbaufähigen Teil unserer betrieblichen Nachhaltigkeitsstrategie. Die positive Wirkung von Agroforstsystemen auf Mikroklima und Boden sowie besonders die bei Extremwetterereignissen gut messbaren Effekte von Hitzereduktion, Erosions- und Windschutz möchten wir in Zukunft noch stärker nutzen. Dazu haben wir nun mehrere unserer Ackerflächen mit Reihen von insgesamt 4000 Pappel- und Weidenstecklingen bepflanzt.

Bäume auf dem Acker für Windschutz, Bodenaufbau und verbessertes Mikroklima

Erste positive Erfahrungen mit der Strukturierung von Ackerflächen durch Baumreihen konnten wir bereits auf unserem Acker »Kieskuhle« sammeln, auf dem wir 2016 zwei Pappelreihen gepflanzt hatten. Direkt westlich und südlich davon haben wir nun auf den Äckern »Schwarze Heide« und »Heidkoppel« zwei neue Agroforstsysteme angelegt.

Auf der »Schwarzen Heide« sollen zwei parallele Reihen von Pappeln mitten auf dem Acker den Wind aus der Fläche nehmen. Weil dieser oft aus Westen und in trocken-heißen Sommern vor allem aus Osten weht, haben wir die Baumreihen hier, anders als auf der »Kieskuhle«, in Nord-Süd-Ausrichtung gepflanzt. Die Pappeln stehen hier in einem Abstand von knapp einem Meter zu einander und 1,80 m zur nächsten Reihe. Am Rand der »Heidkoppel« wurden ebenfalls in Nord-Süd-Richtung Pappeln und zusätzlich noch Weiden gepflanzt. Hier haben die Pappeln einen Abstand von 5 m zu einander. Dazwischen stehen die Weiden im Abstand von 50 cm zueinander und 1 m zur Pappel. Die Pappeln auf der »Schwarzen Heide« könnten später als Energieholz geerntet werden. Eine aus unserer Sicht sinnvollere Lösung kann es aber auch sein, sie nach der Ernte zu häckseln und als so genanntes fragmentiertes Zweigholz in den Ackerboden einzubringen. So ließe sich der im Holz gespeicherte Kohlenstoff aus der Luft für lange Zeit im Boden binden. Die Pappeln auf der »Heidkoppel« sollen durch gezieltes Hochentästen und durch den größeren Pflanzabstand zu Stammholz heranwachsen, das in etwa 20 Jahren dann z. B. zu Bau- oder Dämmmaterial verarbeitet werden kann. Auf der Heidkoppel übernehmen hauptsächlich die dicht gepflanzten Weiden den Windschutz. Die verschiedenen Weidensorten, darunter die wertvolle Sal-Weide (Salix caprea), dienen zudem den Bienen als wichtige Nahrungsquelle, da sie früh im Jahr blühen; auch viele seltene Schmetterlingsarten ernähren sich von der Weide und nutzen sie als Lebensraum für ihre Brut.

Mit den beiden neuen Agroforstsystemen möchten wir ein förderliches Mikroklima für unsere Ackerkulturen schaffen. So schützen die Bäume den Boden vor der Austrocknung durch Sonne und Wind, halten die Feuchtigkeit im Boden, verringern Erosion und holen Nährstoffe aus tieferen Erdschichten über das Laub wieder auf die Bodenoberfläche. Durch das Wachstum der Bäume und den Aufbau der Humusschicht wird CO2 aus der Atmosphäre in der oberirdischen Biomasse und im Boden gebunden; der Humus selbst erhöht die Bodenfruchtbarkeit, verringert die Verdunstung und bewirkt durch seine mikrobielle Aktivität eine optimale Nährstoffverfügbarkeit für die Pflanzen. Nicht zuletzt bieten die Bäume Vögeln Brutmöglichkeiten, und die Blühstreifen, die ab dem nächsten Jahr unter den Bäumen wachsen werden, schaffen weitere Lebensräume für Insekten und viele Wildtiere.

Für die neuen Baumreihen »verbrauchen« wir insgesamt 0,3 ha der Äcker, auf denen sie angelegt werden; das entspricht einem Anteil von 2 % dieser Ackerflächen. 0,3 ha weniger Anbaufläche bedeuten jedoch nicht gleichzeitig entsprechend weniger Ertrag. Vielmehr erhoffen wir uns eine Kompensation durch die genannten positiven Effekte. So lassen sich im Idealfall Kosten für Beregnung, Düngung und Pflanzenschutz sparen, da die Agroforstsysteme unsere Flächen auf natürliche Weise resilient und zugleich leistungsfähig machen.

Gleichzeitig mit der Neustrukturierung unserer zwei Ackerflächen erweitern wir derzeit auch unseren Hühnerwald, unser erstes Agroforstsystem, das wir bereits seit vier Jahren nutzen:

Unser Hühnerwald als Lebensraum, Energielieferant und Humusspeicher

Unsere mobilen Freilandhühner haben ihren eigenen Wald – den Hühnerwald. Schon im Frühjahr 2016 haben wir dafür mit Unterstützung vieler Helfer auf einem Acker südlich von Rettmer 1500 Bäume gepflanzt. Später folgten Wildobst, Nuss- und weitere Sträucher – die Grundlage für unser erstes Agroforstsystem war damit gelegt. Pappeln und Weiden dienen hier v. a. dem Bodenaufbau und sorgen für ein besseres Mikroklima. Pflaume, Holunder, Johannis- und Apfelbeere, Birne, Mirabelle, Hasel- und Walnuss, Liguster, Erbsenstrauch und Vogelbeere schaffen Abwechslung auf dem Speiseplan unserer Hühner und tragen durch ihr saisonal unterschiedliches Angebot an Blüten und Früchten zur Artenvielfalt bei. Auf den Grasflächen zwischen den Baumreihen werden die mobilen Hühnerställe regelmäßig umgesetzt, sodass die Hühner immer einen frischen Auslauf zum Scharren, Fressen und Sandbaden nutzen können. Der Hühnerwald bietet außerdem Schutz vor Raubvögeln, Wind und zu viel Sonne. Gerade die letzten beiden heißen und trockenen Sommer haben gezeigt, wie wichtig schattige Ausläufe für die Tiere sind. Durch die kühlende Wirkung der Bäume, unter denen die Tiere ruhen können, verzeichnen wir kaum noch Verluste durch Hitze. Bei hohen Temperaturen heizen sich die Ställe leicht auf, wenn zu viele Tiere in ihnen Zuflucht suchen – ein Problem, das wir dank Hühnerwald nicht mehr haben. Um auch für kommende Hitzeperioden gewappnet zu sein und außerdem auch den Flächen noch mehr Zeit zur Regeneration zu geben, haben wir unseren Hühnerwald nun um vier Hektar erweitert. Auch hier wurden neue Bäume gepflanzt, überwiegend natürliche Weidensorten als frühe Pollenspender sowie einige Pappeln als Trenner. Wie schon bei den vorangegangenen Pflanzaktionen wurden wir hierbei großzügig durch unseren langjährigen Partner aus dem Lebensmittel-Einzelhandel, die Familie Tschorn, unterstützt.

Wir gehen voran

Agroforstsysteme sind in Deutschland förderrechtlich noch nicht anerkannt. Daher nutzen wir als Behelfslösung die Anmeldung der Baumreihen als Kurzumtriebsplantagen – auch wenn das den zahlreichen positiven Effekten von Agroforstsystemen nicht annähernd gerecht wird. Zudem entgehen uns die Flächenprämien auf dem Pflanzstreifen, da der Artikel 23 zu Agrarforstsystemen der EU-ELER-Verordnung Nr. 1305/2013 (Verordnung über die Förderung der ländlichen Entwicklung durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes) in Deutschland leider bisher nicht umgesetzt wurde.

Dennoch sind wir von den ökologischen und wirtschaftlichen Vorteilen von Agroforstsystemen überzeugt. Darum wollen wir, trotz gewisser Risiken für uns, mit gutem Beispiel vorangehen. Vielleicht können wir auf diese Weise Überzeugungsarbeit leisten und so den Bäumen auf dem Acker wieder einen Wert geben, denn sie helfen bei so vielem:

  • Aufbau und Stabilisierung von leistungsfähigen Ökosystemen
  • Erhalt und Aufbau von Ressourcen: Boden, Biomasse, biologische Vielfalt
  • Produktion hochwertiger, gesunder Lebensmittel